Das Hochbeet im hinteren Teil des Gartens steht in voller Pracht. Gepflanzt und umgetopft wurden die Kräuter von vielen Bewohnern in einer Gemeinschaftsarbeit. Nach einem Ausflug in die heimische Gärtnerei Würstle durch die Bewohnerinnen Margot Schiele (92) und Maria Wacker (97) mit den Betreuungskräften bepflanzten sie das Hochbeet nach eigenen Vorstellungen. Allein der Anblick der Pflanzen, aber auch ihr Duft und die Möglichkeit, sie in die Hand zu nehmen, sie zu spüren und zu ertasten, vielleicht sogar zu schmecken, regt die Sinne der Menschen an. „Das schwört sofort Erinnerungen herauf“, beobachtet Heimleiter Armin Seefried, „das Gedächtnis beginnt zu arbeiten, die Wahrnehmungen werden geschärft, die Neugier geweckt und erhaltene Ressourcen gefördert. Das alles steigert das Lebensgefühl unserer Bewohner.“
„Basale Stimulation“ heißt diese Form der Therapie in Fachkreisen. Dabei sollen bei Patienten, deren Wahrnehmung reduziert ist, alle Sinne aktiviert und an vergangenes Wissen angeknüpft werden. Praktisch erklärt bedeutet das, dass durch die gezielte Beschäftigung im Garten und in der freien Natur die Motorik gefördert und erhalten werden soll, die gemeinsamen Treffen und Aktionen am Hochbeet beugen gleichzeitig auch der sozialen Isolation vor. Der Duft von Blüten regt den Geruchssinn an. Durch das Pflanzen, Säen und arbeiten mit der Erde wird der Tastsinn gestärkt. Das Vogelgezwitscher und auch andere Stimmen in der Natur fördert den Hörsinn. Das Hochbeet war binnen kürzester Zeit ein täglicher Anlaufpunkt für die Bewohner. „Wer kann, übernimmt das tägliche Gießen. Andere erfreuen sich am Geruch frischer Kräuter und erinnern sich vielleicht an den eigenen Garten“, erzählt die Leiterin der Alltagsbetreuung Anett Menzel (35). In den vergangenen Jahren wurden vom Hochbeet Lavendelsäckchen gebastelt und einige Kräuter für Mariä Himmelfahrt verwendet. Auch Zitronenmelissentee gab´s zum Abwinken. In diesem Jahr ist nach der Ernte eine Kartoffelsuppe mit Karotten und Zwiebeln geplant. Alle Zutaten gibt´s vom Garten. Eigentlich fehlt nur noch der „Würstlbaum“ für die Kartoffelsuppe, wie Hedwig Sapota (88) augenzwinkernd erklärt.