Sie hob das Tier hoch, es schmiegte sich sogar in ihren Arm, den Bauch nach oben. „Ich habe es dann wie ein Baby die etwa anderthalb Kilometer nach Hause getragen, das hätte sich ein Wildkaninchen nie gefallen lassen. Daheim habe ich es in die Badewanne gesetzt, ich hatte ja keine Box.“ Als sie ihm Wasser, Salat und Äpfel servierte, zeigte sich, wie ausgehungert das Tier war.
Am nächsten Tag wandte sich Ramona Spitzer auf Facebook an eine große User-Gruppe und fragte, ob jemand das Kaninchen vermisse. Ohne Erfolg. Von einer Frau erhielt sie aber den Tipp, sich doch an die Tierfreunde Brucker Land zu wenden und ihnen den Fund in die Tierauffangstation in Überacker zu bringen. Dort nahm Heidi Minderlein, die Vorsitzende der Tierfreunde, das Kaninchen in Empfang. Bei der Tierärztin zeigte sich dann, wie schlecht es ihm ging: Es war abgemagert und ausgetrocknet, die Krallen waren extrem lang, die Ohren total vereitert, es hatte starke Schmerzen. Sofort bekam es eine Infusion und Schmerzmittel, die Ohren wurden gereinigt und die Krallen geschnitten. In der Tierauffangstation erholt sich der Bock jetzt von seinen Leiden.
„Ich vermute, dass das Kaninchen ausgesetzt worden ist“, erklärt Heidi Minderlein. Die langen Krallen zeigten, dass es keinen Auslauf hatte und wahrscheinlich in einem engen Stall gehalten worden war. Sie kann es nicht fassen: „Wie kann man nur so verantwortungslos sein, ein Tier erst verwahrlosen und krank werden lassen und es dann seinem Schicksal überlassen?“ In diesem Zustand hätte der Nager wohl kaum eine Überlebenschance gehabt.